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Kapitel 2.13

Prototype Fund

Das Projekt

Der Prototype Fund (PTF) erforscht und fördert Public-Interest-Tech-Projekte aus der Gesellschaft für die Gesellschaft. Die stetig wachsende Bedeutung von Technologien, Algorithmen und Daten verlangt einen aufgeklärten und selbstbestimmten Umgang der Nutzer:innen mit diesen. Darüber hinaus ist es wichtig, innovative Technologien nicht (nur) im Interesse der Wirtschaftlichkeit zu entwickeln sondern sie (auch) in den Dienst des Gemeinwohls zu stellen. Deswegen braucht es mehr als gute anwendungsfreundliche Werkzeuge – z. B. auch nachhaltige technische und kommunikative Infrastrukturen, die dazu beitragen, Bürger:innen- und Freiheitsrechte zu wahren. Kurzum: Es braucht mehr Technologien im öffentlichen Interesse – das ist Public Interest Tech. Aus diesem Grund wurde mit dem PTF ein spezieller Förderfond ins Leben gerufen, der sich an Einzelpersonen und kleine Teams richtet, die Open-Source-Software entwickeln – denn so können andere an den Ergebnissen teilhaben und sie weiterverwerten.


Was ist 2020 passiert?

Ressourcen

Laufzeit
Das Projekt startete im Mai 2016 ​und wurde in diesem Jahr bis ​April 2025 verlängert.

Budget
Einnahmen: 503.817 €
Ausgaben: 507.460 €
davon Personalausgaben: 397.496 €
davon Sachausgaben: 109.964 €

Personal
Projektleitung: Adriana Groh | Begleitforschung: Katharina Meyer | Projektmanagement: Thomas Friese, Marie Gutbub | Kommunikation: Patricia Leu | Controlling: Juliane Krüger / Petra Bálint | technische Administration: Gregor Gilka

Förderung
Bundesministerium für Bildung und Forschung

inhaltliche Schwerpunkte

  • Wie in jedem Jahr fanden auch 2020 wieder zwei Förderrunden statt. Die 7. Runde hat den Schwerpunkt “Engineering Trust - Vertrauen bauen”. Die 8. Runde wurde themenoffen gestaltet. Im Jahr 2020 wurde aufgrund der Coronapandemie die große Bedeutung guter, nutzerfreundlicher Technologie für viele Menschen noch deutlicher. Die Pandemie hat zudem neuartige Lösungen für bisher unbekannte Herausforderungen nötig gemacht. Der PTF hat den #WirVsVirus-Hackathon der Bundesregierung vom 21. bis 23. März 2020 mit initiiert und organisiert. Fast 30.000 Menschen beteiligten sich daran, digitale Lösungen für Probleme rund um die Coronapandemie zu entwickeln. 34 der entstandenen Lösungen hat der PTF in einer zusätzlichen Förderrunde mit 1,5 Mio. € des BMBF gefördert und betreut.
  • Der PTF wurde in diesem Jahr verlängert und wird nun bis April 2025 weiter Open-Source-Projekte fördern und begleiten. Seit August können sich wieder Entwickler:innen und Teams mit ihrer Idee für innovative Open-Source-Software für die erste von 8 weiteren Förderrunden bewerben.

Output

  • Der Demo Day der 6. Runde zum thematischen Schwerpunkt “Commit - System erneuern” am 27. Februar konnte noch analog im bUm Berlin durchgeführt werden. Rund 150 Gäste kamen, um sich einen Tag lang die Arbeit der 16 Förderprojekte anzusehen und den Keynotes von Michelle Thorne und Juliane Krüger zu lauschen (Video des Demo Day). Auch der Kickoff-Workshop der 7. Runde konnte noch vor Ort durchgeführt werden. Am 1. Februar startete die Bewerbungsphase der 8. Runde und endete am 31. März. Ähnlich wie bei der ersten themenoffenen Ausschreibungsrunde wurden mit über 400 Einreichungen (davon 385 gültige) deutlich mehr Bewerbungen generiert als sonst üblich.
  • Im Juni wurden außerplanmäßig 34 Projekte, die aus dem #WirVsVirus Hackathon hervorgegangen sind, in einer Sonderrunde gefördert. Die meisten der Projekte arbeiteten in einem verkürzten Sprint von drei Monaten an ihrer innovativen Software mit Lösungsideen gegen Corona. Durch die schnelle Zusage und das bereitwillige Nutzen der Strukturen des PTF konnte das BMBF als einziges Bundesministerium knapp ein Viertel der Projekte aus dem Hackathon mit 1,5 Millionen Euro unterstützen. Die Betreuung der Sonderrunde mit rund 10 Projekten mehr als in den üblichen Runden konnte durch das DLR und das Team der OKF DE gestemmt werden.
  • Vom 24. bis zum 28. August fand anstatt des traditionellen Demo Days für den Abschluss des 7. Calls eine digitale Demo Week statt. Neben den (insbesondere technischen) Herausforderungen, die mit der Umstellung des Konzepts kamen, brachte das Online-Format auch Vorteile. Es wurde eine Webseite angefertigt, die den Projekten eine Vorstellung in verschiedenen Formaten - Video, Blogpost oder Live Demo - ermöglichte. So konnte das Abschlussevent einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden. Das Programm der Demo Week wurde eingerahmt von einem Eröffnungs- und Abschlussevent, die ebenfalls im Nachgang auf der Webseite verfügbar waren. Die Projektvorstellungen wurden auf fünf Tage verteilt, womit auch mehr Zeit für die einzelnen Präsentationen der 21 Projekte des 7. Calls blieb.
  • Am 31. August fand, ebenfalls erstmals rein digital, der Kickoff-Workshop des 8. Calls statt. Die 17 Förderprojekte wurden durch das Team des Prototype Fund, Vertreter:innen des DLR und die Moderatoren von zero360 auf die anstehende Umsetzungsphase vorbereitet.
  • Vom 1. August bis zum 30. September 2020 lief die Bewerbungsrunde für den 9. Call. Wie schon in der vorhergegangenen Runde war der Call themenoffen und Projekte konnten sich innerhalb der vier thematischen Säulen Civic Tech, Data Literacy, Software-Infrastruktur und Datensicherheit bewerben. Begleitend zur Bewerbungsrunde wurde ein Trendreport angefertigt, der die Aspekte des kollektiven Handelns und der digitalen Souveränität in Europa beleuchtet. Es gingen für die 9. Kohorte insgesamt 245 gültige Bewerbungen ein. 62 Prozent aller Bewerbungen erfolgten im Team. 55 Prozent der Bewerbungen gehören in den Bereich Civic Tech, 23 Prozent bin den Bereich Software-Infrastruktur, 13 Prozent in den Bereich Datensicherheit und 9 Prozent in den Bereich Data Literacy. Aus den Zahlen lässt sich kein Einfluss der Coronakrise auf die Bewerbungen ableiten. Einzelne Projektideen beschäftigen sich aber mit den durch die Krise neu entstandenen Herausforderungen.
  • Zusätzlich zu der Rundenbetreuung und der Begleitforschung hat das PTF-Team mit der Produktion eines Podcast begonnen. Die bisher veröffentlichten Folgen behandeln Themen im Bereich Innovationen, Public-Interest-Technologien und Open-Source-Software. Um den gesamten Open-Source-Code besser auffindbar zu machen, wurden zudem alle bisherigen Projekte auf dem GitHub-Account des PTF gesammelt. Im Dezember veröffentlichten wir die Broschüre „Community-Technologien von Nutzer:innen für Nutzer:innen“. Die digitale Zivilgesellschaft zeigt ständig ihr großes Engagement – und hat in der Coronakrise vollends bewiesen, dass sie unser (digitales) Leben besser macht. Die Publikation wurde breitflächig an Multiplikator:innen versendet.

Outcome

  • Technologie erlangt einen anderen gesellschaftlichen Stellenwert, da ihre positiven Aspekte gegenüber den Risiken herausgestellt werden. Die Geförderten erhalten neue Kompetenzen (UX-/UI-Design, Security, Projektmanagement etc). Eine Community aus Open-Source-Entwickler:innen, die ihre Fähigkeiten und Ressourcen in den Dienst der Gesellschaft stellen, wird aufgebaut. Es wird gezeigt, wie eine erfolgreiche Projektförderung auch funktionieren kann. Der Fund ist somit Vorbild - und wird in Teilen von anderen Förderern aufgegriffen. Häufig forschen und arbeiten Menschen in diesem Bereich ehrenamtlich und/oder in ihrer Freizeit. Sie sind somit nicht dieselben, die von klassischen öffentlichen Fördermaßnahmen abgedeckt werden, denn diese richten sich in der Regel an Unternehmen und etablierte Forschungseinrichtungen. Ein großer Teil des digitalen Ehrenamts wird jedoch von Einzelpersonen und kleinen interdisziplinären Teams geleistet. Weil diese aufgrund unpassender Fördermechanismen ihre Projekte nicht konzentriert verfolgen können, kommt ein enormes Innovationspotenzial nicht zum Tragen. Damit überlassen wir als Gesellschaft digitale Angebote den großen Konzernen und profitorientierter Forschung, fördern das Sammeln teilweise kritischer Daten und proprietäre statt offene Lösungen. Der Bedarf an Alternativen ist entsprechend groß.
  • Durch den #WirVsVirus Hackathon wurde der PTF einem größeren Publikum bekannt. In fast allen großen überregionalen und sehr vielen regionalen Zeitungen wurde über den Hackathon und sein Ziel, innovative Ideen aus der Gesellschaft gegen die Coronakrise zu entwickeln, berichtet. Der PTF war maßgeblich an der Initiierung und Organisation des Hackathons beteiligt und konnte dort viele Erkenntnisse aus der Begleitforschung einbringen. Besonders vielversprechende und innovative Projekte konnten Dank der Förderstruktur und der guten Zusammenarbeit zwischen BMBF, DLR und PTF schnell in ihrer wichtigen Arbeit unterstützt werden.
  • Der PTF wird auch zunehmend als Vorbild für ähnliche Förderprogramme innerhalb Deutschlands und im europäischen Ausland gesehen. Der bereits angelaufene Prototype Fund Schweiz, mit dem es einen engen Austausch gibt, profitiert stark durch die bereits gewonnenen Erfahrungen aus dem deutschen Prototype Fund und wurde darüber hinaus durch ein Teammitglied des deutschen Prototype Fund ehrenamtlich in der Jury unterstützt. Auch aus Belgien und Frankreich kommen Interessensbekundungen, ähnliche Programme aufzusetzen.

Impact

  • Technologien werden nutzer:innenfreundlich und sicher weiterentwickelt. Soziales Engagement wird nachhaltiger unterstützt. Das Fördersystem wird um eine andere Kultur ergänzt, denn der PTF fördert Civic-Tech-Projekte und kleine Teams sowie technische Infrastruktur – mit gesellschaftlichen, nicht wirtschaftlichen Interessen an erster Stelle.
  • Das BMAS hat die erste Förderrunde der neuen Civic Innovation Plattform gestartet, bei deren Entstehung bereits Erkenntnisse aus dem PTF mit eingeflossen sind. Auch bei der Auswahl der Förderprojekte der ersten Runde konnte der PTF mit Adriana Groh als Jurymitglied unterstützen. In den Bereichen Verwaltung & Demokratie sowie Wissen & Lernen wurden zwei Projekte prämiert, die in thematisch ähnlicher Form auch schon beim PTF begutachtet wurden. Die Zielgruppe der Civic Innovation Plattform ist mit KMUs und öffentlichen Einrichtungen breiter als die des PTF, die Projekte könnten sich bei der Förderung einzelner Projekte aber gut ergänzen bzw. aufeinander aufbauen.

Evaluation

Der Prototype Fund ist ein Forschungsprojekt, das die Frage beantworten will, wie neue Zielgruppen für öffentliche Fördergelder erschlossen werden können und wie die öffentlichen Fördermaßnahmen so angepasst werden können, dass sie für neue Zielgruppen auch nutzbar sind. In der Begleitforschung wird jede Förderrunde bezüglich Outreach, Bewerbungs- und Bewertungsprozess sowie mit Blick auf die Umsetzungsphase evaluiert. Ausgehend von den jeweiligen Ergebnissen werden die Fördermodalitäten von Runde zu Runde angepasst. Besonders hervorzuheben ist hier der Anstieg der Förderquote von 60 % auf 95 % – der Eigenanteil, den die Projekte einbringen müssen, hat sich somit deutlich verringert. Geförderte Projekte erhalten UX-Coachings, um sich besser auf die jeweilige Zielgruppe einzustellen sowie Coachings zu Projektmanagement und Security. Die Coachings wurden von den geförderten Projekten durchweg als positiv bewertet.

Ausblick

Das Programm legt besonderen Wert darauf, mit jedem Call neue Zielgruppen anzusprechen und die Gruppe der Einreichenden weiter zu diversifizieren.